Landgericht Essen bestätigt Axel Hefer

Der Vorwurf gegen das Schalker Aufsichtsratsmitglied Axel Hefer klang drastisch: Weitergabe von Vereinsinterna. Die Strafe war es auch: Dreimonatige Suspendierung vom Amt des Aufsichtsrates, just in der Phase, in der die Weichen für die neue Saison gestellt werden.

Der zugrundeliegende Sachverhalt war weit weniger spektakulär:  Hefer ließ von einer Rechtsanwaltskanzlei ein Rechtsgutachten über bestimmte Aspekte der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates, insbesondere den vom Clemens Tönnies und Peter Lange gebildeten „Eilausschuss“,  erstellen und leitete dies an seine AR-Kollegen weiter.

Hintergrundinfo: Finanzvorstand Peter Peters und AR-Jurist Dr. Jens Buchta war das Gutachten vorher bekannt, sie äußerten sich jedoch nicht dazu. Und Rechtsanwälte sind gesetzlich zur Wahrung sämtlicher Mandantengeheimnisse verpflichtet, weil sie sich sonst strafbar machen würden (§ 203 STGB).

Richterin Regine Dechamps sah dies genauso und hob die Suspendierung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf:  Es liege kein vereinsschädigendes Verhalten vor, wenn sich jemand Rechtsrat einholt bei einem Rechtsanwalt, der zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.

Ein klarer Sieg für den 38jährigen Hefer, eine deutliche Ohrfeige für den Ehrenrat,  dem in der Schalker Satzung die Funktion einer vereinsinternen Schiedsstelle zukommt. Eigentlich – denn dieser Funktion wird er nach Auffassung vieler Vereinsmitglieder nur selten gerecht. Der Ehrenrat wurde vielmehr  in der Vergangenheit  als „reines Abwehrgremium des Aufsichtsrats“ (so Wahlausschussvorsitzender und Mitglied der Satzungskommission Stefan Schorlemmer) oder gar als „Tribunal“ (Schalker Unser) wahrgenommen.  

Vom Vereinsgelände verwiesene vianogo-Aktivisten mussten sich anhören, dass ihre Forderung, den Vertragsabschluss als leitbild- und satzungswidrig einzustufen, vollkommen unbegründet sei, da alles bestens geregelt und Abzocke ausgeschlossen sei, weshalb der Ehrenrat feststelle, dass die vereinsinterne Streitigkeit als abschließend beendet gilt. Zum Glück sah Alexander Jobst dies nach der Mitgliederversammlung 2013 anders und beendete die Kooperation mit der höchst umstrittenen Ticketbörse nach wenigen Tagen, als offenbar wurde, dass es mitnichten nur um einen kleinen Aufpreis ging. 

Drohungen

Kritischen Mitgliedern, die die öffentliche Darstellung des Vereins durch Clemens Tönnies z. B. in puncto Putin-Besuch der Mannschaft just in der Ukraine-Krise anprangerten, wurde der Vereinsausschluss angedroht, weil das Verfahren an die Presse gelangt war. Die ständigen Ausflüge des Aufsichtsratsvorsitzenden vor die Kameras und Mikrofone der Republik, in denen er munter über von ihm vorgenommene Trainerentlassungen, Kabinenpredigten oder SMS an den Sportvorstand plaudert, erregen hingegen offensichtlich nicht den Argwohn des Ehrenrats. Hilfesuchenden Schalkern, die im Vereinsforum gemobbt wurden, wurde beschieden, dass sich der Ehrenrat  damit inhaltlich überhaupt nicht auseinandersetzen müsse, da die Nutzer die Forenregeln anerkennen. In der Fanszene spricht man hinter vorgehaltener Hand bereits davon, dass es vollkommen zwecklos sei, sich an den Ehrenrat zu wenden, da dieser nicht fair verhandele, sondern lediglich ein vorgegebenes Ergebnis, wonach der Verein im allgemeinen und Tönnies im Besonderen per se nichts falsch mache, rechtfertige.

Eine Ursache für dieses wenig neutrale Verhalten des Gremiums ist sicher darin zu sehen, dass dieses auch nicht neutral gewählt wird – anders als die Mitglieder von Aufsichtsrat oder Wahlausschuss, die von der Mitgliederversammlung gewählt werden, werden die Mitglieder des Ehrenrats durch „Blockwahl“  allein auf Vorschlag des Aufsichtsrats ohne Gegenkandidaten gewählt. Und dieser „Staat im Staate“ zitiert Mitglieder anderer demokratisch gewählter Vereinsorgane wie Wahlausschuss oder jetzt ein kritisches Aufsichtsratsmitglied wie arme Sünder zu Terminen und besitzt Sanktionsgewalt bis hin zum Vereinsausschluss… 

Parteiisches Gremium?

Betrachtet man die derzeitigen Mitglieder des Ehrenrats, findet man u. a. Prof. Klaus Bernsmann, der Aufsichtsratschef Clemens Tönnies in diversen Gerichtsverfahren verteidigte sowie Volker Stuckmann, der seit mehr als zwei Jahrzehnten in verschiedenen Funktionen bei Schalke mit Tönnies zusammenarbeitet.  Auch Hans-Joachim Dohm und Dr. Herbert Tegenthoff sind langjährige Weggefährten von Tönnies. Komplettiert wird die Runde durch Schalkes Stürmer-Idol Klaus Fischer, der zugleich Schalker Angestellter ist. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass diese kritische Nachfragen, warum in Zeiten elektronischer Kommunikation ein Großteil der Entscheidungen von einem Zwei-Mann-Eilausschuss getroffen werden müssen, im Keim zu ersticken versuchten.

Die wichtigsten Eigenschaften jedes Schiedsgremiums sind Neutralität und Unvoreingenommenheit. Damit diese auch im Schalker Ehrenrat herrschen, dürfte eine Änderung des Wahlmodus unausweichlich sein: Es darf nicht länger so sein, dass ausschließlich der Aufsichtsrat die Leute bestimmt, die künftig über Streitigkeiten richten, vielmehr müssen diese demokratisch von der Mitgliederversammlung vorgeschlagen und gewählt werden. Da der Ehrenrat erst auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung für drei Jahre gewählt, wurde, besteht genug zeitlicher Spielraum, rechtzeitig zur Neuwahl 2018 entsprechende Satzungsänderungsanträge einzubringen.

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